Über die Färöer

Alfons Dampf

Schriften der Physikalisch-Ökonomischen Gesellschaft zu Königsberg 1913 (54), Seite 78 [FAB-0418]

Herr Dr. A. Dampf sprach unter Vorführung zahlreicher Lichtbilder über die Färöer,
auf denen sich der Vortragende im vergangenen Sommer längere Zeit aufgehalten hatte, um zoogeographische Studien zu betreiben; insbesondere kam es darauf an, Material zur Lösung der Frage zu sammeln, ob sich in der Zusammensetzung der Tierwelt der Färörer noch Hinweise auf die voreiszeitliche Landverbindung Europas mit Nordamerika finden. Von diesem Plateaulande, dаs von England sich über die Färöer und Island bis Grönland erstreckte und schon vor Eintritt der Eiszeit in den Fluten des nordatlantischen Ozeans versank, sind heute über Wasser nur spärliche wildzerrissene Eilande übrig geblieben, die unablässig weiter verringert und verändert werden. An einer Reihe von Lichtbildern wurde die zerstörende Arbeit der Wogen erläutert, die Schluchten und Höhlen schaffen, Klippen absprengen und solche Küsten, die den Wogen am meisten ausgesetzt sind, zu hohen Steilwänden umwandeln (bis 700 Meter hoch). Bei dieser Zerstörungsarbeit helfen Regen und Wind und führen die gebildete Ackerkrume von den steilen Hängen immer wieder ins Meer, so daß auf weite Strecken der mit Trümmern besäte Felsboden hervorschaut, und die Pflanzenwelt nur in kümmerlichen Lebensgemeinschaften von kurzrasigen Torfwiesen und Heiden auftreten kann. Bäume und Sträucher finden sich auf den Färöer nur in den wenigen Gärten angepflanzt. Auch die höhere Tierwelt ist spärlich vertreten; Amphibien und Reptilien fehlen ganz; Süßwasserfische beschränken sich auf wenige Arten und von Säugern kommt – abgesehen von Haustieren – nur eine besondere Varietät der Hausmaus vor.

Zahlreicher finden sich Vögel (160 Arten); der Hauptanteil entfällt аber auf marine Arten, die аn kaum zugänglichen Felswänden nisten; trotzdem wissen ihnen die kühnen und unerschrockenen Färinger beizukommen. An langen Seilen lassen sie sich in die schwindelnde Tiefe hinab, um hoch über der tosenden Brandung schwebend mit langgestielten Netzen vorbeifliegende Vögel zu fangen, die frisch genossen oder eingesalzen beziehungsweise getrocknet, für den Winterbedarf aufgehoben werden; Bälge und Federn werden exportiert. Unter den Landvögeln bilden mehrere Arten besondere, nur auf den Färöer vorkommende Varietäten, so der Star, der sich durch größere Fleckenzeichnung und längere Flügel von der Stammform unterscheidet und dort nicht Zug- sondern Standvogel ist, ferner der Kolkrabe, der Zaunkönig und der Felsenpieper. Die Bearbeitung der niederen Tierwelt, die wohl die erhofften Aufschlüsse geben wird, ist noch nicht beendet. – Der Vortragende gab ferner eine Übersicht der Geschichte der Färöer, schilderte dаs Klima, um sich dann dem Leben der Färinger zuzuwenden, deren Charakter dаs größte Lob zuteil werden muß. Treuherzigkeit, Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft, diese alten germanischen Tugenden, haben sich dort in reichem Maße erhalten.