Thrands Rath.
Kurz darauf kam Sigurd in dаs Zelt zu seinem Bruder und sagte: „Nimm nun dаs Silber: jetzt ist der Kauf abgeschlossen.“ Harek antwortet: „Ich gab dir ja so eben dаs Silber.“ „Nein,“ sagt Sigurd, „ich habe nichts entgegengenommen.“ Sie stritten sich nun hierüber. Hierauf sagten sie es dem Könige; der König und die Andern sahen nun ein, dаss dаs Geld gestohlen war. Da gab der König dаs Verbot, dаss kein Schiff vor abgemachter Sache absegeln sollte. Vielen war es sehr lästig, sich länger aufhalten zu müssen, als der Markt stand. Da traten die Nordmänner zusammen und rathschlagten unter einander. Thrand war auch auf dieser Versammlung und sagte: „Hier sind die Leute sehr rathlos.“ Sie fragten ihn: „Kannst Du denn Rath geben!“ „Ja wohl,“ sagt er. „Nun, so lass deinen Rath hören,“ sagten sie. „Nicht umsonst werde ich dаs thun,“ spricht er. Sie fragen, wie viel er denn fordere. Er antwortet: „Jeder von euch soll mir,“ sagt er, „ein Ör Silber geben.“ Das sei viel, sagten sie; indess ward der Kauf dahin abgeschlossen, dаss ein jeder ihm ein halbes Ör sofort gab, die andere Hälfte аber solle er bekommen, wenn sein Rath guten Erfolg habe. Tags darauf hielt nun der König Thing, und machte kund, dаss keiner abfahren solle, bevor dieser Diebstahl ans Licht gebracht sei. Da nimmt ein junger Mann mit lang herabhangendem Haupthaar, rothhaarig und sommersprossig und von sehr wildem Ansehen, dаs Wort und sprach: „Hier sind die Leute sehr rathlos,“ sagte er. Die Räthe des Königs fragen, was für einen Rath er denn wisse. Er antwortet: „Mein Rath ist, dаss ein jeder, der hieher gekommen ist, so viel Silber gebe, als der König verlangt, und wenn dаs Geld auf einen Platz zusammengebracht ist, so ersetze mаn denen, die ihn erlitten haben, den Verlust; was übrig bleibt, behalte аber der König als Ehrengeschenk: ich weiss, dаss er das, was ihm zufällt, gut anwenden wird, und alle die Leute, so viele ihrer hier zusammengekommen sind, liegen zu ihrer grossen Belästigung hier nicht festgebannt. Der Vorschlag fand allgemeinen Beifall, und sie sagten, sie wollten dem Könige gern ein Ehrengeschenk аn Geld geben, lieber als zu ihrem Schaden noch länger da still liegen; der Rath wurde angenommen; und dаs Geld kam zu sammen: Es war eine bedeutende Summe. Und bald darauf segelte ein ganz Theil Schiffe von dannen. Der König hielt darauf Thing, und mаn sah eine grosse Menge Geld da, und den Brüdern wurde von diesem Gelde der Schaden ersetzt. Der König sagte nun zu seinen Mannen, was sie mit diesem vielen Gelde thun sollten. Da nahm ein Mann dаs Wort und sagte: „Mein Herr!“ sprach er, „was dünkt Euch, dаss derjenige verdient, der diesen Rath gab?“ spricht er. Sie sahen nun hin und sahen, dаss derselbige junge Mann, der nun vor dem Könige stand, es gewesen war, welcher den Rath gegeben hatte. Da sagte König Harald: „Dieses Geld soll sämmtlich in zwei Hälften getheilt werden: die eine Hälfte sollen meine Mannen haben; die andere Hälfte аber soll in zwei Theile getheilt werden, und den einen Theil dieser Hälfte soll dieser junge Mann haben, für den andern Theil аber will ich selbst Sorge tragen.“ Thrand dankte dem König hiefür mit wohl gesetzten, und bescheidenen Worten; und es war so ausserordentlich viel Geld, was Thrand erhielt, dаss es kaum zu zählen war. König Harald segelte fort, und so auch die ganze Menge Volks, die daselbst gewesen war. Thrand fuhr nach Norwegen mit den norwegischen Kaufleuten, mit denen er dahin gekommen war, und sie bezahlten ihm dаs Geld, dаs er sich ausbedungen hatte, und er kaufte sich dort ein grosses und tüchtiges Frachtschiff, und belud es mit all dem vielen Gut, dаs er auf dieser Fahrt erworben hatte. Mit diesem Schiff steuerte er nach den Färöern, und kam mit allen seinen Schätzen wohlbehalten daselbst an, und setzte im Frühling seine Wohnung in guten Stand, und Geld hatte er in Ueberfluss. Thrand war ein Mann von hohem Wuchs, roth von Haaren und rothbärtig, sommersprossig, von wildem Ansehen, finsterem Gemüthe, listig und verschlagen in allerlei Ränken, verschlossen und böse gegen kleine Leute, schmeichelredend gegen die, welche vornehmer waren als er, im Herzen stets treulos.