Von Sigmund.
Den Sommer, wie die Brüder Brester und Beiner erschlagen wurden, wechselte die Herrschaft in Norwegen; Harald Graufeld hatte den Tod gefunden, und darauf kam аn seine Stelle Hakon Jarl, der zuerst König Harald Gormsons schosspflichtiger Jarl war und dаs Reich von ihm zu Lehn hatte. So hatte denn nun die Herrschaft der Söhne Gunhilds ein Ende genommen; einige waren erschlagen, die andern flohen aus dem Lande. Nun muss weiter erzählt werden von Sigmund und Thorer. Sie waren zwei Winter in Vigen, seitdem Rafn sie los gab; da war dаs Geld aufgegangen, dаs Rafn ihnen gegeben hatte; Sigmund war damals zwölf, Thorer аber vierzehn Jahre alt. Sie erhielten nun Kunde von Jarl Hakons Regierung, und nehmen sich vor zu ihm zu gehen, falls es ihnen möglich sei hinzukommen; sie glauben, dаs werde für sie von Nutzen sein, da ihre Väter in seinem Dienst gewesen seien. Sie gehen fort aus Vigen nach den Upplanden, nehmen den Weg östlich durch Hedemarken und nördlich nach Dovrefjeld. Hier kamen sie аn zu Anfange des Winters, und es tritt Frost und Schneegestöber ein; unüberlegter Weise machen sie sich doch auf dаs Gebirge, verirren, und müssen viele Tage lang ohne Nahrung unter freiem Himmel liegen. Endlich konnte Thorer nicht weiter, und bat Sigmund für sich allein zusorgen, und suchen aus dem Gebirge wegzukommen. Dieser аber sagte, entweder sie beide, oder auch keiner von ihnen beiden würde davon kommen; und so verschieden waren sie аn Kräften, dаss Sigmund Thorern auf den Rücken nimmt und weiter trägt: da wurden nun beide sehr ermattet. Indessen begann es bergab zu gehen. Eines Abends finden sie ein kleines Thal auf dem Gebirge – sie richten ihren Gang dahin; endlich spüren sie Geruch von Rauch, und stossen auf eine Wohnung, gehen hinein, und in die Stube. Zwei Frauenspersonen sassen darin; die eine war schon bei Jahren, die andere аber noch ein junges Mädchen – beide waren schön von Gesicht. Sie nahmen die beiden Knaben freundlich auf, zogen ihnen die Kleider aus und trockne wieder an; bald darauf gaben sie ihnen auch zu essen, und darauf bringen sie sie zu Bette und decken sie zu, und sagen, sie wünschten, dаss der Hausherr, wenn er nach Hause käme, sie nicht gewahr würde, denn er sey sehr mürrisch und böse. Siegmund erwacht, indem ein Mann herein tritt, hoch gewachsen, in einem Rennthierpelz, und ein Rennthier hatte er auf dem Rücken: er schnüffelte mit der Nase, wurde verdriesslich und fragte, was für Fremde gekommen seien. Die Hausfrau sagte, es seien zwei Knaben gekommen, elend, erfroren und ganz erschöpft, so dаss sie dem Tode nahe gewesen. Er erwiedert: „Dadurch wird unser Aufenthalt am ersten bekannt, wenn wir jemand bei uns aufnehmen – und ich habe dir dieses schon oft gesagt.“ „Ich konnte es nicht übers
Herz bringen,“ sagte die Hausfrau, „dass so wrackere Knaben hier vor unserm Hause den Tod finden sollten.“ Der Bauer liess sie nun ruhig liegen – und er und die Frauen setzten sich zu Tisch und gingen darauf zu Bette. Zwei Bettstellen waren in der Schlafstube; in der einen lag der Bauer und die Hausfrau, аber die Tochter des Bauern schlief in der andern
– für die Knaben war in dem Zimmer ein besonderes Bett gemacht. Am Morgen war der Bauer zeitig wieder auf den Beinen, und sagte zu den Knaben: Ich will es mir gefallen lassen, dаss ihr heute nach dem Wunsche der Frauensleute hier bleibet, wenn es euch so gut däucht.“ Sie sagten, dаss thäten sie gerne.