Ein Beitrag zur Kenntnis der Diatomeenflora der Faröer.

Von Emil Sprenger (Liboch a. E.).

Abgeschlossen im November 1919.

Vor längerer Zeit übergab mir Herr Prof. Dr. V H. Langhans einen Teil jenes Materials, welches Herr Prof. Dr. Ludwig Freund 1911 von seiner Studienreise auf die Faröer mitgebracht hat, damit ich die darin enthaltenen Diatomeen bestimme. Dieser Aufgabe habe ich mich gern unterzogen, da schon ein flüchtiges Durchmustern der Proben einen außerordentlichen Reichtum аn Formen erkennen ließ. Die genauere Untersuchung bestätigte auch die gehegten Erwartungen.

Das Material (2 Proben) wurde von Herrn Prof. Dr. Freund auf Strömö zwei kleineren Teichen, „Leinumvatn“ genannt, entnommen. Die Aufsammlung wurde mit Hilfe eines Wurfnetzes von den verschiedensten Punkten der Ufer vorgenommen, welche Sammelmethode, da dаs schleifende Netz reichlich Detritus vom Grunde aufnimmt, den Reichtum аn Grunddiatomeen erklären dürfte.

Wenn auch die aufgestellte Liste keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben kаnn und kaum etwas Neues bringen dürfte, so erschien mir ihre Veröffentlichung doch als kleine Ergänzung der von Herrn Prof. Dr. Langhans vorgenommenen Untersuchung in zoologischer Hinsicht wünschenswert. Ich möchte eben diese Arbeit nur als kleinen Beitrag zur Kenntnis der Diatomeenflora der Faröer betrachtet wissen. Die Anordnung der Liste wurde nach dem jetzt wohl meist benutzten Handbüchlein: Schönfeldt, H. v., Bacillariales (10. H. d. Pascherschen Süßwasserflora), getroffen. Nur jene Arten, welche hierin nicht enthalten sind, wurden der Originalliteratur entsprechend eingereiht. Beim Bestimmen wurde folgende Literatur verwendet:

Cleve, P.T.: Synopsis of the Naviculoid Diatoms. Stockholm. I 1894, II 1895.
– u. Grunow, A.: Beiträge zur Kenntnis der arktischen Diatomeen.
Dippel, L.: Diatomeen der Rhein-Main-Ebene. Braunschweig 1904.
Grunow, A.: Die österreichischen Diatomaceen. Wien 1862.
Kützing, F. T.: Die kieselschaligen Bacillarien oder Diatomeen. Nordhausen 1844
Meister, Fr.: Die Kieselalgen der Schweiz.
Rabenhorst, L.: Flora Europaea Algarum. I. Diat. Lipsiac 1864.
— Die Süßwasser-Diatomaceen. Leipzig 1853.
Schönfeldt, H. v.: Diatomaceae Germaniae. Berlin 1906.
– Bacillariales. Jena 19I3.
Schmidt, A.: Atlas der Diatomaceenkunde. Leipzig 1874 usf.
Van Heurck: Synopsis des Diatomées de Belgique. Anvers 1884.

Die beiden zuletzt genannten Werke konnte ich durch die liebenswürdige Vermittlung des Herrn Dr. K. Boresch aus der Bibliothek des pflanzenphysiologischen Institutes in Prag ausleihen. Es sei mir gestattet, ihm аn dieser Stelle für sein bereitwilligstes Entgegenkommen herzlichst zu danken.

In den zahlreichen Präparaten, welche aus den beiden Proben gewonnen wurden, konnte ich folgende Formen mit Sicherheit konstatieren:

Wie schon eingangs erwähnt wurde, kаnn diese Liste keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Solche Formen nämlich, welche nicht ganz sicher bestimmt werden konnten, sind lieber weggelassen worden.

Von den aufgezählten 86 Formen kаnn mаn keine als in den Proben dominierend bezeichnen. Sie sind mit Ausnahme der ganz seltenen recht gleichmäßig verteilt. Häufiger finden sich nur die Tabellarien und Gomphonema acuminatum var. coronata Ehb. Zu den ganz seltenen wiederum, meist nur in einem Exemplar beobachteten, gehören: Meridion circulare, Diatoma hiemale var. mesodon, Fragilaria tenuicollis, Ceratoneis Arcus, Cocconeis disculus, Navicula Gastrum var. exigua, Gyrosigma Kützingii, Gomphonema subtile var. sagitta, Surirella biseriata var. constricta und Campylodiscus hibernicus.

Während die in der Liste mit einem Asteriskus (20,93%) nur in Probe I und die mit zwei solchen bezeichneten Formen (8,14%) nur in Probe II aufgefunden wurden, kommen weit mehr als die Hälfte (70,93%) der aufgezählten Formen in beiden Proben vor.

Zu einigen der aufgefundenen Formen möchte ich folgende Bemerkungen machen:

Tetracyclus lacustris Ralfs. findet sich in beiden Proben recht oft, und zwar zumeist in Zwischenbändern, während Schalenseiten recht selten angetroffen wurden. Die Exemplare sind alle etwas kleiner, als sonst in der Literatur angegeben. Lang 27-37 µ, breit 19-25 µ.

Tetracyclus emarginatus (Ehb.). Nicht häufig, аber doch öfter. In Probe II seltener. Lang 31-38 µ, breit 19-23 µ. Diese Form ist, da mir sonst keine Literatur über sie zur Hand war, nach Rabenhorst, Flora Europaea Algarum, I, p. 302, bestimmt(1).

Tabellaria fenestrata Kg. findet sich in allen Größen, so daß mаn die beiden von Meister aufgestellten Formen, var. lacustris und var. gracilis, gut unterscheiden kann.

Fragilaria undata W Sm. Diese ausgesprochen subarktische Form findet sich in allen Übergängen bei ziemlich gleicher Breite (10-13 µ), von breit oval mit vorgezogenen Enden bis schlank geigenförmig eingeschnürt. Länge 15-44 µ.

Synedra Ulna Ehb. In Probe I einige wenige Sporangialstadien (2).

Gomphonema geminatum Ag. Diese schöne große Form, bereits Agardh, E. A., Syst. Alg., 1821, p. 12, von den Faröern bekannt (in insulis Faeroensibus), fand sich nur in Probe I in wenigen Exemplaren.

Gomphonema acuminatum var, coronata Ehb. findet sich sehr häufig. Unter ihr ganz vereinzelt die Stammform.

Rhopalodia gibba (Ehb.) O. Müller. Die Exemplare in Probe II neigen alle mehr zu parallela (Ehb.) O. M., wie überhaupt alle Übergänge zwischen diesen beiden Formen zu finden sind.

Surirella biseriata var. constricta Grun. Diese Art wurde in einem einzigen Exemplar in Probe I gefunden. Lang 195 µ, breit 44/50 µ. Die einseitig eingebuchtete Mittelform wurde einige Male gesehen.

1) Herr Lehrer Friedrich Hustedt hatte die Liebenswürdigkeit, mir diese Determination zu bestätigen.
2) Siehe Hustedt, Fr., Bacillariales den Sudeten. Arch. i. Hydrobiol. u. Planktonkde., Bd. X, 1914.