Rudolf von Willemoes-Suhm
Ausland 1873 (46), Seite 80 [FAB-3381]
Es ist nicht ganz richtig, daß außer einigen Species von Muriden keine anderen Thiergattungen in wildem Zustande auf der Faröer-Gruppe vorkommen. Vor etwa 30—40 Jahren wurde der nordische Hase, Lepus alpinus eingeführt, und scheint alle Bedingungen des Gedeihens vorgefunden zu haben, denn er ist nunmehr sowohl auf Strömö, als auf Oesterö zahlreich verbreitet. Auf den grasbedeckten Gründen findet er genügende Nahrung, hinter den Felsvorsprüngen hinreichenden Schutz und eigentliche Feinde besitzt er auf den Inseln nicht, den Corvus corax und den kleinen Falco aesalon etwa ausgenommen, welche hier und da ein Junges rauben. Falco islandicus kommt zu selten vor, um ihm erheblichen Schaden zufügen zu können. Der Versuch, dаs in Island und Norwegen einheimische Tetrao lagopus einzuführen, ist dagegen mißlungen.
Die auf den nördlichen Inseln der Färöer lebenden Ratten gehören zur Familie Mus decumanus, und haben wie fast allerwärts in Europa die kleinere schwarze Ratte, Mus rattus vertrieben, die nur mehr sporadisch auf Suderö angetroffen wird. Man vermuthet, daß auch Lemmus norvegicus vorkomme. Unter den großen Wassersäugethieren ist der Grindwal, Delphinus globiceps, von hoher Bedeutung, der alljährlich in großer Menge hier gefangen wird. Hr. Rudolf von Willemoes-Suhm, welcher als Zoolog die kürzlich nach den Färöern abgegangene dänische Expedition begleitet und über seine Forschungen in der Londoner „Nature“ Bericht erstattet, erhielt durch die Güte des Sysslumans Müller zu Torshavn, der kleinen Hauptstadt der Färöer auf Strömö, einige Exemplare externer Parasiten dieses Wales. Sie gehören den Cirripedien an: eines war ein Otion, welches sich аn die Zähne des Delphins anheftet, wo es аn der Wasseroberfläche genügende Nahrung vorfindet; dаs andere war der interessante Xeno-balanus globicipites Steenstr., der in großer Anzahl auf den Finnen der Wale lebt. Eine verwandte, gleichfalls von Steenstrup beschriebene Art lebt auf den Finnen von Uranodon rostratus, der in Heerden von 4—5 Stück аn der Südinsel erscheint. Im Magen des Grindwals fanden sich die Reste von Cephalopoden, seiner gewöhnlichen Nahrung, und die gemeine Ascaris.
Unter den Seevögeln nistet Mormon fratercula, der Seepapagei, am höchsten, tiefer eine Mövenart und am tiefsten die Lumme, Uria. Die kleine Thalassidroma pelagica brütet noch im September, und zwar аn der Nordostseite von Naalsö in einer Tiefe von 1—2 Fuß: ihre Nester sind einfache Löcher in der Erde. Die Thalassidromen legen bloß ein Ei, brüten аber zwei- oder dreimal im Jahre. Die sonst am häufigsten vorkommenden Vögel sind Procellaria glacialis, Anthus campestris, Saxicola oenanthe, Molacilla alba, Troglodytes parvulus, Tringa variabilis lind islandica, Numenius phaeopus, Haematopus ostralegus, Carbo, Sterna, Larus. Sula alba ist nur auf der Insel Myggenaes zu finden und Lestris cataractes ist überhaupt nicht häufig auf den Färöern. Auch Pastor roseus und einmal Syrrhaptes paradoxus wurden gefangen. der erstere dieser Vögel erscheint bekanntlich zuweilen in Norwegen und auf Helgoland, ein sehr bemerkenswerther Umstand, da diese Thiere, welche im südwestlichen Rußland und Kleinasien brüten, sich in Dänemark und dem mittleren Deutschland nur sehr selten blicken lassen.
Fische werden in großen Mengen аn den Faröer-Küsten gefangen, der Handel mit dem Klippfisch ist sogar sehr beträchtlich; der Kabeljau wird bis nach Spanien ausgeführt. Von bemerkenswertheren Arten ward ein riesiges Exemplar von Lampris guttatus erbeutet, welches gewöhnlich die großen Tiefen des Atlantischen Oceans bewohnt und nur selten sich аn diese Küsten verirrt. In seinem Magen fanden sich Cephalopoden, nichts dagegen аn äußeren Parasiten. In den Seen der kleinen Inseln leben drei Lachsgattungen, wovon die eine, Salmo salvelinus, bekanntlich auch in den Seen Oberbayerns und Schottlands auftritt. Im Ganzen läßt sich sagen, daß die Jnvertebratenfauna der Faröerküsten, gerade so wie jene Islands, sehr ärmlich ist im Bergleiche zu jener Grönlands, Norwegen und Dänemarks.