Die Färöer

Niels Viggo Ussing

Handbuch der Regionalen Geologie 1910 (1/2), Seite 32-33 [FAB-2900]

Die Inselgruppe der Färöer im Atlantischen Ozean liegt auf dem 62. Breitengrad, etwa 300 km NW. von den Shetland-Inseln, und gehört in geologischer Beziehung zu dem großen nordatlantischen Basaltgebiet. Sie besteht aus 17 bewohnten Inseln nebst einigen kleinen unbewohnten; ihr Areal beträgt 1300 qkm. Die Inselgruppe stellt ein von zahlreichen Sunden und Fjorden durchschnittenes, unebenes Basaltplateau von 300 bis 500 m mittlerer Höhe dar; einzelne steilere Berge erreichen jedoch mehr als 800 m (höchster Punkt: Slattaratind, 882 m). Dem offenen Meere sind fast überall hohe senkrechte Felsenwände zugekehrt; die Sunde zwischen den Inseln werden dagegen meistens von sanfteren, terrassenförmigen Böschungen eingerahmt.

Über die allgemeinen geologischen Verhältnisse der Färöer liegen neuere Untersuchungen von Helland und J. Geikie vor. Die Inseln bestehen fast ausschließlich aus übereinander in einer Gesamtmächtigkeit von mehr als 4 km ausgebreiteten Basaltdecken von wahrscheinlich alttertiärem Alter. Die einzelnen Decken sind gewöhnlich 10—30 m dick: zwischen ihnen lagern dünne (in seltenen Fällen jedoch 10 m übersteigende), meistens rotgefärbte Tuffschichten, und dаs Ganze wird von basaltischen Gängen und Intrusivmassen durchsetzt; mit Breccien ausgefüllte Kraterröhren hat A. Geikie beschrieben. Die größeren Decken müssen ebenso wie die isländischen auf Spalteneruptionen zurückgeführt werden und stammen wohl teilweise aus Eruptionsstellen außerhalb der jetzigen Grenzen der Inselgruppe. Petrographisch stimmen die Basalte mit denen von Island und von den Hebriden überein.

Die Basaltdecken lagern horizontal oder mit schwachem Einfällen (2—5°, ausnahmsweise bis 10—15°) gegen SO., O. oder NO. Auf der südlichen Insel (Suderö) sowie auf Myggenäs ganz im Westen ist eine kohlenführende Formation den Basaltbänken konkordant zwiscbengelagert; diese werden dadurch in eine untere, ca. 1300 m mächtige und nur im Süden und Westen auftretende Serie und eine obere, die Hauptmasse der Inseln bildende Abteilung getrennt. Die kohlenführende Formation ist nur 4—10 m mächtig und besteht aus Schiefertonen mit wenigen, zusammen nur 1—1,5 m dicken Braunkohlenflözen. Auch in tieferen Horizonten sind vereinzelte Kohlenschichten angetroffen worden. Die einzigen bis jetzt gefundenen bestimmbaren Pflanzenreste gehören der Sequoia Langsdorffii an. — Von jüngeren Bildungen finden sich auf den Färöer-Inseln nur ganz unbedeutende glaciale und postglaciale Ablagerungen.

Von großem Interesse ist der von J. Geikie und Helland geführte Nachweis, daß die Färöer während der Eiszeit ein selbständiges Vereisungsgebiet bildeten: die Inseln sind von einer zusammenhängenden Eisdecke überflutet gewesen, аber die Glacialschrammen divergieren nach allen Seiten in dаs Meer hinaus. Dessenungeachtet war die glaciale Erosion eine sehr intensive, die Felsen zeigen bis zu Höhen von 4—500 m deutliche Rundhöckerungk und Kare (Botner) und kurze Trogtäler bilden einen stark hervortretenden landschaftlichen Zug. — Von größter Wichtigkeit ist ferner, daß auf diesen Inseln im Gegensatz zu Island, Schottland und Skandinavien keine Anzeichen einer postglacialen Hebung vorhanden sind.

Wie aus obigem ersichtlich, sind die Färöer Erosionsreste eines ausgedehnten und hochliegenden Plateaus. Verwerfungen fehlen allerdings nicht, sie sind аber von geringem Betrag und ohne irgendwelchen Zusammenhang mit den Oberflächenformen. Nach J. Geikie und Helland wurden die größeren Fjorde und Täler sowie die trennenden Sunde schon in der Tertiärzeit durch eine Flußerosion angelegt, die wenigstens teilweise auf die jetzt noch vorhandene, von NW. nach SO. quer über die Inseln verlaufende Wasserscheide hinweist; ihre jetzige Größe und Gestaltung erhielten die Talsysteme durch die glaciale Erosion, аber erst eine ansehnliche und verhältnismäßig gleichförmige Senkung des ganzen Gebietes gab ihnen ihre jetzige tiefe Lage im Verhältnis zum Meeresniveau. Daß auch die Erosion des Meeres wesentlich zur Verkleinerung und Zerstückelung der Färöer beigetragen hat, ist selbstredend; dieser Prozeß geht auch in der Jetztzeit mit gewaltiger Kraft fort, wie es die senkrechten Basaltwände, die zahllosen Höhlenbildungen und die malerischen isolierten Felsen аn den Küsten deutlich anzeigen.

Übersichtskarte der Färöer mit Angabe der Fallrichtungen der Basaltdecken. Die punktierte Linie bezeichnet die Lage des Ausstreichens der Kohlenformation.