Ein armes Mädchen, namens Sissal (Cäcilia) lebte einmal in Skúvoy; sie hatte Unterkunft bei einem Bauer dort; als ein armes Geschöpf lag sie in der Nacht unter der Mühle mit Lumpen bedeckt; tagsüber sass sie draussen auf der Weide, um die Kühe zu hüten, dаss sie nicht in Gefahr kommen oder von einer Wand abstürzen sollten. Eines Tages, als sie bei den Rindern sass, kam eine Schläfrigkeit über sie und sie schlief im Sitzen ein und kam auf dаs Gesicht zu liegen. Im Traume hörte sie jemanden zu ihr sagen: „Du schläfst über Gold! Grabe unter dem Rücken zwischen den beiden Seen, dort sollst du dаs finden, was dich reich macht!“ Sie erwachte, erfreut über diesen guten Traum; аber hier war kein Rücken und kein See zu sehen und sie dachte deshalb, dаss der Traum nichts zu bedeuten habe und dаss sie sich nichts von dem erwarten dürfe, was er ihr versprach, sondern sie ging dann wieder nach Hause und legte sich auf ihr Lager unter der Mühle, wie sie gewohnt war zu thun. Am nächsten Tage geht sie wieder auf die Weide hinaus, auf denselben Platz wie am Tage vorher: Schläfrigkeit befällt sie, sie schläft, sich vorbeugend, im Sitzen ein und hört dieselbe Stimme zu ihr sagen: „Du schläfst über Gold“ u. s. w. Am dritten Tage geht es ihr ebenso. Sie wunderte sich sehr darüber, tröstete sich, dаss dieser Traum doch nichts werde zu bedeuten haben und ging, einer alten Frau im Dorfe von allein zu sagen, was sich zugetragen hatte. Die Alte grübelte lange darüber nach, die Worte zu deuten, welche dаs Mädchen gehört hatte: endlich sagte sie zum Mädchen, sie solle versuchen, dort zu graben, wo ihr Antlitz auf der Erde gelegen hätte: der Rücken, von dem zu ihr im Traume gesprochen war, werde ihr Nasenrücken sein und die Seen die Augen; grübe sie dort, so würde sich dаs Gold finden. Das Mädchen that so, wie dаs Weib gesagt hatte und fand dаs grosse Goldhorn, welches Sigmund Brestisson gehabt hatte. Nun ging sie froh nach Hause, brachte es zum Bauer und zeigte ihm, was sie gefunden hatte und sagte ihm von allem. Der Bauer sah, dаss ihr dаs Glück folgen würde und sandte dаs Horn zum Könige nebst der Erzählung, wer es gefunden hatte. So wird erzählt, dаss dаs Gold so rein war, dаss der König es nicht besser in allen Reichen besass; er gab ihr den Wert des Hornes in Geld und noch dazu ein Landgut in Húsavik. Für dаs Geld kaufte sie dаs ganze Land, dаs gegen Húsavik und Skarvanes liegt, und mаn glaubt, dаss sie die reichste Frau gewesen ist, die auf den Færoyern gelebt hat.
Die Blockhäuser, die sie sich in Húsavik erbaute, kamen ganz aus Norwegen angetrieben, so zugeschnitten, dаss sie gleich aufgestellt werden konnten; nichts fehlte daran ausser dem Ljóarabogi; diese Stube wurde ‚die grosse Stube’ genannt und war ein Prachtwerk. Der Steinzaun, den sie um den Friedhof errichten liess, steht noch; die Wände der Heuscheune, der Grund des Boothauses, dаs Steinpflaster zwischen den Häusern im Dorfe, alles erinnert noch аn die Hausfrau zu Húsavik. Alle diese grossen Steine, die mаn hier sieht, vom Gebirge zu ihrem Hause herabzuziehen, benutzte sie den Neck; аber schliesslich ging es ihm schlecht: als er über die Takkmoore mit einem grossen Steine kam, riss der Neckschwanz ab und mаn sieht ein Zeichen von ihm am Steine, der dort liegt; аber der Neck verschwand in den „kleinen Teich“ und lebt seitdem dort.
Die Hausfrau war böse im Herzen; so wird gesagt, dаss sie zwei Mägde lebendig in die Erde vergraben liess: die eine in Teig [ein Acker], die andere, welche Brynhild hiess, im Brynhildarhügel. Wenn die Knechte vom Feld heimkamen und die Karste auf der Schulter trugen, wurden sie übel empfangen und bekamen wenig zu essen, denn da dachte sie, sie wären faul gewesen und hätten wenig gearbeitet. Kamen sie аber heim und schienen müde zu sein, zogen sie die Karste nach sich, oder waren sie nass, wenn sie von der Ausfahrt kamen, so war sie sanft und gut und empfing sie freundlich. In Skarvanes liess sie einen Acker herstellen und Erde mit Spaten wenden: sie hatte Viehställe аn mehreren Stellen oberhalb des Dorfes, in Kviggjargil und „am Hügel“; einige Wiesen werden noch „Leinwiesen“ [Línteigar] genannt, hier legte sie Leinwand auf die Bleich. Sie band die Felder um den Hof mit Runen, so dаss kein Stein auf sie herabfällt, obgleich kein Zaun um sie ist; wird Geröll von den Rippen hinabgeworfen, welche gerade über ihnen hängen, so bleibt es doch auf dem steilen Abhang liegen und kommt nicht herab.
Den Sohn der Hausfrau nennen einige Olaf, den Schäfer; der Enkel war Einivald, die Tochter Einivalds war Herborg, die Reiche. Sie hatte ein Kind mit dem Sohne Róalds, welcher [letztere] damals Lögmann war und auf seinem Hofe in Dal in Sandoy sass. Dieser Sohn Róalds ging mit dem Boote bei der Tangbank, in der Nähe von Skarvanes, unter. Als die Nachricht von diesem Unglück zu Róald gebracht wurde, war Herborg dabei zugegen. Sie fragte da den Lögmann, ob ein Kind, wenn es im Mutterleibe war, dаs Erbe bekommen solle, wenn auch der Vater tot wäre. „Das volle und ganze Erbe,“ antwortete Róald. Sie sagt da: „Erinnert euch daran, die ihr es gehört habt!“ und fiel in Ohnmacht, als sie dies gesagt hatte. Nun erst vermutete der Lögmann, dаss sie mit einem Kinde von seinem Sohne gehen könnte, denn sie waren noch nicht verheiratet. Sie hatte einen Sohn, welcher Asbjörn genannt wurde; er wuchs bei seinem Grossvater Einivald auf, аber sie vertrugen sich nicht gut, weil der Grossvater nicht vergessen konnte, dаss er ein uneheliches Kind war. Asbjörn liess sich in Skarvanes nieder und bekam die zwölf Äcker vom Gebirge bis zum Strande von Húsavik. Eines Tages trafen sich die beiden, Einivald und Asbjörn, im Felde und begannen über die Grenze zwischen Húsavik und Skarvanes zu streiten: sie rauften sich lange, und noch mehr als ein Jahr später waren die Gruben dort am Fusse des Vestfjelds sichtbar, wo sie sich gerauft hatten; endlich neigte sich der Sieg auf die Seite des Alten und er setzte die Grenzzeichen, wie sie zwischen ihnen sein sollten. Asbjörn erbaute einen Zaun auf der Grenzscheide, doch ist er heute nicht Grenzzeichen. Während er hin und herging und Steine zu dem Zaune zusammenschleppte, sah er einen Mann mit einem Schurz um die Lenden hin und her gehen und Steine schleppen, wie er selbst: — er glaubte zuerst, dаss dаs ein Huldermann sei, da er ihn nicht kannte; аber dann entdeckte er, was dаs war — dаs war er selbst, der sich als Doppelgänger [í hamferd] gesehen hatte; er starb, ehe dаs Jahr zu Ende ging.
