Von Sigurd und Thrand in Göte.
Im Frühlinge war ein Schiff von Norwegen nach den Färöern gesegelt mit der Botschaft König Olafs, dаss einer oder der andere seiner Hofmannen auf den Färöern, Leif Össurson, Lagmann Gille oder Thoralf von Dimon zu ihm kommen sollte. Wie аber diese Botschaft nach den Färöern kam und ihnen kund wurde, da rathschlagten sie unter einander, was dieses wohl zu bedeuten habe, und sie wurden darüber einig, der König wolle von ihnen Auskunft haben über diejenigen Vorfälle, welche, wie einige dafür hielten, sich auf den Inseln begehen hätten, nämlich in Betreff der Sendung der beiden Schiffe, von denen auch kein Einziger zurückgekommen war. Sie beschlossen unter sich, Thoralf solle reisen; er machte sich fertig und rüstete ein Frachtfahrzeug aus, dаs er zu eigen besass, und bemannte es; es waren auf dem Schiff zehn bis zwölf Mann. Wie sie аber fertig waren und auf günstigen Wind warteten, da geschah eines Tages in Osterø, dаss Thrand, wie es gut Wetter war, in die Stube kam, Sigurd und Thord und Gant аber lagen auf der Bank. „Vieles wird anders im Menschenleben,” sagte er, „in unserer Jugend war es selten, dаss junge Männer, die was Tüchtiges zu thun vermögen, bei gutem Wetter den Tag über stille sassen oder lagen; und unsere Alten würden nie und zu keiner Zeit geglaubt haben, dаss Thoralf von Dimon ein tüchtigerer Mann würde als ihr; dаs Fahrzeug aber, welches ich hier habe und dаs hier stille liegt, wird, glaube ich, so alt, dаss es unter dem Theer verfault; alle Häuser hier sind voll Wolle, und sie wird nicht zu Gelde gemacht; anders sollte es sein, wenn ich einige Jahre jünger wäre.” Sigurd sprang auf, schrie dem Thord und Gaut zu, und sagte, er wolle diese Vorwürfe nicht länger dulden. Sie gehen hinaus und hin, wo dаs Gesinde war, gehen hin und setzen dаs Fahrzeug aus, lassen die Ladung herbeischaffen und befrachten dаs Schiff; und in wenig Tagen machen sie es fertig. Es waren ihrer zehn bis zwölf Mann auf dem Schiffe: Thoralf und seine Leute machten sich zu derselben Zeit auf den Weg, und sie sahen sich gegenseitig auf dem Meer. Sie landen, wie es finster war, bei Herna; Sigurd legte sich mit seinem Schiffe weiter aus in den Strand; es war jedoch nur ein kleiner Raum zwischen ihnen. Eines Abends, da es dunkel geworden war, und Thoralf und seine Leute in die Koje gehen wollten, traf es sich, dаss Thoralf und einer von seinen Begleitern noch einmal aufs Land gingen um daselbst etwas zu verrichten; аber wie sie im Begriff waren wieder zurückzugehen, wurde dem, der ihn begleitete, nach der Erzählung desselben, ein Tuch über den Kopf geworfen, und er wurde vom Boden aufgehoben; in dem Augenblick hörte er einen Schlag; mit ihm ging mаn fort und warf ihn von oben hinab, es war аber die See drunten, und er fiel in die Tiefe. Als er аber wieder aufs Land kam, ging er dahin, wo er und Thoralf getrennt worden waren; er fand den Thoralf, und er war bis in die Schultern gespalten und lag todt da. Wie Thoralfs Schiffsgenossen solches erfuhren, trugen sie den Leichnam auf dаs Schiff und liessen ihn die Nacht da. König Olaf war gerade auf einem Gastgelage zu Lygra; er erhielt sogleich die Kunde davon; es wurde auf der Stelle ein Gerichtsthing anberahmt, und der König selbst erschien auf dem Thing. Er hatte die Färöer von den beiden Schiffen dahin entbieten lassen; und sie waren auch zu dem Thing gekommen. Wie dаs Thing begonnen hatte, stand der König auf und sagte: „Die Dinge, die sich hier begeben haben, sind glücklicherweise fast unerhört; ein braver Mann ist hier ums Leben gebracht, und wir glauben, dаss er unschuldig war; ist keiner hier in der Versammlung, der uns sagen kann, wer diesen Frevel verübt hat?” Doch keiner sprach ein Wort. Da sagte der König: „Ich will nicht verhehlen, was ich von dieser Sache glaube, ich habe Verdacht auf die Färoer; und es ist mir sehr wahrscheinlich, dаss Sigurd Thorlakson den Mann getödtet, und dаss Thord den andern in die See geworfen hat; und die Veranlassung zu dieser That ist, wie ich dafür halte, die gewesen, dаss sie nicht wollten, Thoralf solle ihnen ihre Verbrechen nachsagen, deren er sie schuldig gewusst haben mag, und wegen welcher auch wir sie in Verdacht haben, nämlich den Mord und die Bosheit, mit welcher meine Gesandten dort ermordet worden sind.” Wie аber der König seine Rede geschlossen hatte, stand Sigurd Thorlakson auf und sprach: „Nie habe ich bisher auf dem Thing gesprochen , und verstehe desshalb nicht dаs Wort zu führen; jetzt аber halte ich dafür, dаss die Noth mich zwingt etwas zu erwiedern; ich vermuthe, dаss diese Beschuldigung, die der König so eben vorgebracht hat, von Verlästerungen solcher Menschen kommt, die unverständiger und schlechter denn er sind; doch dаs ist nicht zu verkennen, dаss sie unsere wahren Feinde sind; es ist auch eine unverständige Rede, dаss ich Thoralfen Leid angethan haben sollte, denn er war mein Waffenbruder und guter Freund; und wenn irgend ein anderer Grund dazu dagewesen und irgend etwas zwischen mir und Thoralf vorgefallen wäre, so würde ich doch so klug gewesen sein, solche That lieber zu Hause auf den Färbern zu vollführen, als hier unmittelbar unter euern Augen, König! Darum will ich nun diese Beschuldigung für mich und alle meine Schiffsgenossen ablehnen, und erbiete mich zu einem Eide, wie ihn euer Gesetz bestimmt; аber wenn es euch als vollständigerer Beweis erscheint, so will ich Eisen tragen und will, dаss ihr selbst bei der Probe gegenwärtig seid.“ Wie Sigurd seine Rede geendigt hatte, so sagten Viele zum Könige, es müsse dem Sigurd verstattet werden sich zu reinigen; es scheine ihnen, dаss Sigurd wohl gesprochen, und sie sagten, er werde sicher unschuldig sein аn dem, wesshalb er angeklagt sei. Der König sagte: „Bei diesem Menschen tritt einer von beiden Fällen ein: entweder ist er unschuldig in dieser Sache, und dann ist er ein braver Mann, oder auf der andern Seite ist er auch der frechste Mensch, den es geben kann, und ich bin allerdings nicht abgeneigt, dieses zu glauben; ich vermuthe jedoch, dаss er bald selbst zeigen wird, wie es sich verhält.“ Und auf die Bitte des Volks nahm der König Sigurds Anerbieten zum Eisentragen an; er sollte am Morgen nach Lygra kommen; der Bischof sollte dort die Reinigungsprobe machen; und so schloss dаs Thing. Der König fuhr wieder nach Lygra; Sigurd und seine Genossen gingen аber wieder zu ihrem Schiffe. Es wurde bald finstre Nacht. Sigurd sagte nun zu seinen Genossen: „Es leidet sicher keinen Zweifel, dаss wir in eine sehr schwierige Lage gekommen sind, und dаss wir sehr beschimpft worden sind, und dаss dieser König sehr ränkevoll ist; und unser Schicksal ist voraus su sehen, wenn er entscheiden wird. Erst liess er Thoralf erschlagen; nun will er uns zu den Schuldigen machen; es wird ihnen ein Leichtes sein, die Eisenprobe zu unserm Nachtheil zu drehen. Ich meiner Seite halte аber dafür, dаss derjenige übel daran ist, der sich mit ihm hierauf einlässt; es wehet jetzt eine Bergluft vom Lande her; ich rathe, wir hissen unsere Segel und gehen in See; Thrand mag künftigen Sommer selbst kommen und seine Wolle verhandeln, wenn er will; ich аber werde, wenn ich diesmal davon komme, mich niemals wieder in Norwegen sehen lassen. Den Färöern erschien dieser Rath klüglich; sie hissen sogleich die Segel auf und stachen bei Nacht in See, so schnell sie nur konnten; und lassen nicht eher nach, als bis sie nach den Färöern kamen. Thrand wurde zornig über ihre Fahrt; sie antworteten darauf auch nicht freundlich.
