Wladimir Köppen
Meteorologische Zeitschrift 1884 (1), Seite 410 [FAB-1535]
Diese Frage, auf deren hohe Bedeutung für die Wettertelegraphie bekanntlich Hoffmeyer in einer ausgezeichneten Untersuchung (*) nachdrücklichst aufmerksam gemacht hat, ist seit der Konferenz des internationalen Comité’s аn anscheinend nicht weiter gefördert worden. Es fand sich zwar der Direktor der Grossen Nordischen Telegraphengesellschaft bereit, dаs Unternehmen in die Hand zu nehmen, wenn die meteorologischen Institute sich zum Bezuge von Depeschen gegen entsprechende Gebühren verpflichteten, аber die Höhe der von jedem Institut zu tragenden Summe war so hoch, dаss dаs Anerbieten zunächst keine Aussicht auf Erfolg hatte.
Im neuesten Hefte der von der Dänischen Geographischen Gesellschaft herausgegebenen „Geografisk Tidskrift“ ist nun ein längerer Vortrag von C. L. Madsen über den Gegenstand veröffentlicht, der den Plan warm befürwortet und ihn auch vom Standpunkte des telegraphischen Verkehrs zwischen Europa und Amerika als vorteilhaft hinstellt. Der Plan einer telegraphischen Verbindung von Europa und Amerika über den Norden ist bekanntlich ein recht alter; seine erste Aufstellung durch den amerikanischen Oberst Shafiner stammt sogar aus dem Jahre 1853, nur zwei Jahre nach der Legung des ersten submarinen Kabels Dover-Calais; in den Jahren 1857—1866, als drei Versuche zu einer direkten transatlantischen Verbindung misslangen, hatte Shaffner’s Plan, der übrigens eine doppelte Verbindung zwischen der alten und neuen Welt und Island und über Aljaska anstrebte, nicht geringe Aussicht auf Erfüllung; nachdem аber am 4. August 1866 endlich dаs grosse Problem gelöst und die Korrespondenz zwischen Irland und Neufundland hergestellt war, sank dаs Interesse für Shaffners Plan, für dessen Ausführung in den letzten Jahren bereits umfangreiche Terrain Untersuchungen ausgeführt waren, plötzlich auf Null herab, ausser etwa in Dänemark, welches аn der telegraphischen Verbindung seiner Kolonien im hohen Norden mit der civilisirten Welt ein specielleres Interesse hat. Erst in neuerer Zeit gewann die Frage des nordatlantischen Telegraphen wieder allgemeine Theilnahme, und zwar vom Standpunkte der Meteorologie. Herr Madsen äussert indessen die Ansicht, dаss durch die Kürze der einzelnen Strecken, in die dаs Kabel zerfällt, die telegrapbische Uebermittelung auf demselben mit den gewöhnlichen Methoden und etwa doppelt so rasch geschehen könnte, als jene auf den jetzigen Kabeln, und dаss aus demselben Grunde dаs Risiko bei Verletzungen ein viel geringeres sein würde. Das Kabel sollte von Thurso in Schottland nach den Faröern und von da nach Berufjord und Rejkiavig in Island, weiter nach Julianehaab in Grönland und von da nach Forteaus-Bai in der Belle-Isle-Strasse und Quebec geführt werden; die Landungsstellen sollen sehr geschützt und günstig sein. Die Gesammtlänge des Kabels würde etwa 5800 km betragen, die längste Theilstrecke jedoch nur 1500 km.
Die Nachricht deutscher Zeitungen, dаss für die Herstellung dieses nordatlantischen Telegraphenkabels in jüngster Zeit bereits eine Aktiengesellschaft sich gebildet habe, scheint indessen auf einem Irrthum zu beruhen, da nach Erkundigungen, die wir am meteorologischen Institut in Kopenhagen eingezogen haben, dort nichts von einem solchen Vorgang bekannt ist.
*) Etude sur les tempètes de l’Atlantique septentrional und Annalen für Hydr. resp.
Oesterr. Zeitschr. 1880.
