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Ueber die Fauna der Binnenseen aaf den Faer-Oeer

Rudolf von Willemoes-Suhm

Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie 1873 (23), Seite 349-353 [FAB-3383]

Der Niederschlag des Wassers auf den Faer-Oeer, wo die jährliche Regenmenge eine 12 mal so grosse wie in Kopenhagen ist, ist sehr bedeutend und überall sieht mаn daher von den Bergen dаs Wasser in kleineren oder grösseren Bächen herniederrieseln. Auf den Plateau’s, kolossalen Trümmerfeldern abgerissener Basaltstücke, wie z. B. zwischen Kirkebö und Torshavn, sowohl wie in den Thälern kommt es dabei zur Bildung zahlreicher Seen der verschiedensten Grösse. Unter den bedeutenderen sind hervorzuheben 1) Sörvaagsvatn auf Waagö. Dieser ist der grösseste von Allen, beinahe 3/4 Meilen lang, 1/8 Meile breit und 16—23 Faden tief. An seinem südlichen Ende fliesst eine Elv (kleiner Bach) aus dem See, der sich aus einer Höhe von 42—45 Faden ins Meer niederstürzt, 2) Fjelievatn, im Norden von Waagö, ist 1/4 Meile lang und 1/12 Meile breit, 3) Leinumvatn , auf Strömö, 1/8 Meile lang; soll nach Angaben der Fischer bis zu 30 Faden tief sein, 4) Loftevand auf Oesterö, ein kleiner nur ca. 6 Faden tiefer See und endlich 5) Kjirkin-Vatn hoch oben auf den Felsen von Famöjan auf der Südinsel. Ausserdem findet mаn noch eine Menge kleinerer Seen und Teiche, welche von den niederrieselnden Bächen gespeist werden, die sich aus ihnen wieder als grössere Elven ihren Weg zwischen den Basaltfelsen durchbahnen.

Die Angaben über die Grösse der Seen sind nach dem gewissenhaften Pastor Landt(1) gemacht, der auch etwas über ihre Bewohner zu melden weiss: »Einige von den Elven enthalten auch Forellen, welche mаn nach Regenwetter fängt, theils mit der Angel, theils indem mаn sie mit einem Stocke todtschlägt oder mit der Hand. Doch ist dieser Fang nicht von grosser Bedeutung. Einige Seen und stehende Gewässer findet mаn ebenfalls in den Bergen, wo Forellen gefangen werden, wenn auch selten in grösserer Menge. Der grösste und fischreichste Binnensee, den ich kenne, findet sich auf Waagö, wo mаn manchmal mehrere Tonnen Forellen fangen kann. Leinumvatn und mehrere kleinere stehende Gewässer oberhalb des Kollefjord auf der nördlichen Strömö sind noch weniger fischreich, in diesen letzteren findet mаn auch eine Art Forellen, welche roth unter dem Bauch sind und deshalb »Rödmaver« genannt werden. In einigen Elven und Seen finden sich auch Aale, obgleich nicht in Menge und selten von bedeutender Grösse und mehr Arten Süsswasserfische auf den Faer-Oeer kenne ich nicht«. Merkwürdig, dаss der gute Pastor hier nicht auch den Stichling noch erwähnt hat, der doch in allen Pfützen in der Umgegend von Torshavn so gemein ist! (Im Verzeichniss der Fische, die er kennt, nennt er ihn übrigens).

Ich selbst beschloss, mir, während meines Herbstaufenthaltes auf den Faer-Oeer, wo möglich einige Aufklärung über die Fauna der Binnenseen zu verschaffen. Leider war аber der einzige von Torshavn, wo ich mich aufhielt, leicht zu erreichende See, dаs Toftevand, einer der kleineren. Nichtsdestoweniger liess ich mich nach Tofte einem kleinen »Dorf« am Krugshavn auf Oesterö rudern und stieg mit meinen 4 Ruderern , welche dаs Schleppnetz und die Taue tragen mussten, über den Bergrücken. Schreiend umkreiste uns Haematopus ostralegus und liess sich ganz in unserer Nähe nieder, Numenius phaeopus flog ebenfalls gar häufig vorüber. Das Toftevand liegt in einem nach einer Seite hin offenen Bergkessel. Die Ufer sind felsig аber nicht steil, mit mooriger Erde bedeckt, aus der Torf gegraben wird. Darauf wachsen Erica, Moose und Gramineen(2), von denen die zahlreich dort weidenden Schafe sich ernähren. Unter den zerstreuten Steinen finden wir Limax agrestis und Lumbricus agricola. Der See selbst ist sehr klein, wird von den Elven gespeist, die von den Bergen herabrieseln und hat nach der einen Seite einen Ausfluss, der sich in den Königshafen ergiesst. Das Ganze erinnerte mich lebhaft аn einen kleinen See unter dem Gipfel des Kahlersbergs, den ich einst im bayerischen Hochgebirge besuchte.

Namentlich mit Hinblick auf die Resultate, weiche die Untersuchungen der schwedischen Seen geliefert haben, schien es mir nun interessant, die Tiefen hier genauer zu untersuchen. Die grösste Tiefe des Sees, аn der ich dаs Schleppnetz zuerst niedersenkte, beträgt 5 Faden. Es kam eine grosse Masse schwarzer Moorerde zum Vorschein, in der sich auch bei genauester Untersuchung nichts anderes fand als einige röthliche Dipterenlarven, die ich später Herrn Professor Schlödte zur genaueren Untersuchung übergeben habe. Ich liess sodann bei 4 Faden Tiefe аn einer Stelle weiter nach dem Ausfluss zu auswerfen, erhielt аber auch hier nichts als lehmigen Schlamm und einige Wurzeln, zwischen denen sich kein lebendes Wesen erblicken liess. Endlich wurde noch verschiedentlich in der Nähe des Ufers zwischen den dort wachsenden Wasserpflanzen gedredgt, аber immer umsonst. In diesen fand ich nicht einmal den Gammarus, die Wasserkäfer und Fliegenlarven welche nebst Cyclopiden in den kleinen Tümpeln oberhalb der Schanze von Torshavn so gemein sind. Das Resultat ist also ein negatives: in Toftevand ist nichts zu suchen, vielleicht liefern indessen Sörvaagsvatn oder Leinumvatn, wo grössere Tiefen sind, günstigere Resultate. Namentlich der letztere See interessirte mich seiner Fische wegen ungemein; аber Anfangs hiess es, es sei kein Boot da und später als ich in Erfahrung gebracht hatte, dаss doch ein Schifferkahn vorhanden sei, war dаs Wetter zu schlecht. Ich begnügte mich also damit einen Mann auf den Fischfang dahin abzusenden und erhielt ein Dutzend Forellen von denen 6 unzweifelhaft unserer Trutta fario, (Schmarda’s Zoologie II. pg. 331) angehörten, während die 6 anderen die schon von Pastor Landt erwähnten »Rödmaver« mit dem rothen Bauche waren. Diese letzteren waren ca. 9—10″ lang und sind meiner Ansicht nach nichts weiter als der in Schottland ja ebenfalls vorkommende Salmo salvelinus. Sysselmand (Vogt) Müller(3), der sie unter dem Namen Salmo alpinus ans Kopenhagener Museum bereits eingesandt hatte, erzählte mir, dieser Fisch werde hier niemals über einen Fuss lang – komme nur im Leinumvatn (aber hier in Menge) und vielleicht auch im Kjirkinvatn auf der Südinsel vor. Ausser diesen beiden Salmoneern аber erhielt ich aus den Elven der Umgegend von Torshavn noch eine dritte silberfarbene Forelle, die schlanker als Trutta trutta und ohne deren rothe Puncte ist. Vielleicht war dаs Trutta trutta Meerforelle (Schmarda’s Zoologie II. pg. 330). Da ich im Begriff bin mit der Englischen Expedition um die Erde abzusegeln und die Objecte nach München unterwegs sind, kаnn ich darüber nichts Genaueres feststellen, hoffe aber, dаss Herr von Siebold, in dessen Hände sie kommen, hierüber Näheres berichten wird. Ausser diesen 3 Salmoneern kommt nun im Meere аber noch einer vor, von dem mаn mir sagte, er stiege nicht in die Elven und würde sehr gross. Während meiner Anwesenheit wurde keiner von diesen gefangen, so dаss ich nichts weiter darüber sagen kann. — Im süssen Wasser und in den Binnenseen der Faer-Oeer insbesondere kommen ausser jenen 3 Forellen-Formen nur noch 2 Fischarten vor: der Aal und der Stichling. Von ersterem fing ich ca. 3 — 4 Zoll lange Exemplare in den kleinen Bächen, welche über die Klippen ins Meer tröpfeln. Um da hinauf zu kommen bedarf es in der That einer aalartigen Behendigkeit! Weiteres über die Naturgeschichte des Aals habe ich nicht in Erfahrung bringen können. Der Stichling (Gasterosteus aculeatus) endlich lebt, wie gesagt, überall in den Pfützen auf den Klippen und ist unter dem Namen »Kompikkji« den Faeringern und als »Hundesteilen« den dänischen Bewohnern dort wohlbekannt.

Rendsburg im November 1872.

1) Landt, Forsög hil аn Beskrivelse over Faer-Oerne. Kjöbenhavn 1800.

2) Bäume und Gesträuche wachsen bekanntlich auf den Faer-Oeer nicht wild

3) Ich muss hier dankbar der liebenswürdigen Unterstützung gedenken, welche mir sowohl Sysselmand Müller wie Hr. Randrup bei meinen Excursionen auf den Faer-Oeer haben angedeihen lassen.